31.10.2020
Was fliegt denn da?
Fliegt es, schwebt es nicht eher, was es auch sei? Viele Menschen, nicht zuletzt jene, die vorgeben, Wolkenfreunde zu sein, sind stets geneigt, in den vermeintlichen Zufallsformen der Wolken Figürliches oder Gegenständliches zu sehen. Sie kommen nicht umhin, in den irgendwie hingeworfenen Wind-, Wasser- und Eiswesen Wesenhaftes anderer Art, nämlich der ihnen vertrauten, zu erkennen und halten das fälschlicherweise für Phantasie. In Wirklichkeit aber handelt es sich um Vergleichmacherei. Zu diesen Menschen gehöre ich nicht. Diese können nicht anders, als zum Beispiel in einer runden Form mit zwei Ausbuchtungen, die sich auf einer längeren Form einfindet, einen "Kopf mit Ohren", und in einer spitzen eine "Schnauze" zu erkennen. Natürlich finden sich dann auch rasch Augen, Nase oder dergleichen. Fast zwanghaft sehen sie in den ausgefransten Wolkenfetzen einen gefiederten Schwanz und in den aufragenden Wolkenpartien ausgebreitete Flügel, wobei alles, was dieser Sicht widerspricht kurzerhand vernachlässigt oder übersehen wird. Diese Art von Wolkenbetrachtung, die hier also ein merkwürdiges, in ein weiches Daunenkleid gehülltes, vogelähnliches Wesen mit angelegten kurzen Beinen und einer Art Eichhörnchenkopf, der leicht nach unten geneigt die Wasseroberfläche mustert - in sanftem Flug nach rechts - konstatierte, oder gar einen zerzausten fliegenden Fisch mit dem Kopf eines Seepferdchens, der einen unbekannten Reiter befördert, liegt mir recht fern. Ebenso wenig möchte ich mich an einer weiterführenden Deutung dieses Wolkengebildes beteiligen, die in diesem strahlenden Oktoberhimmel einen finstren Vorboten für den folgenden, sorgfältig, aber nicht unbedingt sinnfällig downgelockten Monat November erblicken möchte. Lieber halte ich mich da an die klare Begrifflichkeit des Egidius Kaub: Wir sehen hier ein prächtiges Krawunkel aus zwei mittelgroßen Grauls, wobei die herrlichen Flaugen des oberen sehr schöne Schlawingen, aber nur ganz wenig Gefrenzel aufweisen, während der untere Graul, besonders am linken Rand durch zahlreiche Fledern, und zwar in der Form von Riebeln und Riedeln, gekennzeichnet ist, die auch gleichzeitig die Schweberichtung dieser Wolke anzeigen. Auch die bogenförmige Schwange zeigt ein starkes Gefrinsel in die gleiche Richtung. Ausgenommen von dieser Charakteristik ist der rechte, etwas abgehobene Teil des Grauls, der eine gewölbte Flauge mit sanften Schwogen und auffällig spitz zulaufende, gefrinselte Struffen zeigt. Der ganze Komplex in der Nachmittagssonne über dem libyschen Meer schwebend, herrlich!
29.10.2020
Vulnerable Wolkengruppe
Natürlich sind nicht nur Menschen in dieser Zeit verletzlich. Dieser Wolkengruppe – die Wolken stammen aus einer, maximal zwei Familien, dürfen also zusammen ohne Abstand in der Himmelsöffentlichkeit auftreten – sieht man ihre Verwundbarkeit unmittelbar an. An den Rändern lösen sie sich bereits auf, vergehen und verwehen. Das Innere scheint schon ganz durchsichtig, als sollte ihnen bald die Kraft des Zusammenhaltes ausgehen. Auch ihre Farben, diese sanften, von der Abendsonne gespeisten Orange- und Rosatöne, mitunter ins Bräunliche oder Violette spielend, werden nur von kurzer Dauer sein, und man ist gespannt, ob sich zuerst die Auflösung ihrer Form oder der Verlust ihrer Farbe vollziehen wird.
Zu früheren Zeiten hätten sachkundige Beschauer vermutlich versucht, aus solchen Wolken in die Zukunft, vielleicht in eine nicht zu weit fernliegende, zu blicken. Denn diese Wolken sind, für jedermann erkennbar, angetan und geneigt, zu uns zu sprechen. Sehen wir nicht die Lippen eines geschlossenen und die eines geöffneten Wolkenmundes? Dass sie laut sprechen, gar schreien, werden wir nicht erwarten, obwohl wir in dem offenen Schlund das Zäpfchen zu erspähen vermeinen. Aber das hat auch mit der schleierhaften Durchsichtigkeit dieser zarten Gebilde zu tun. Sie werden vergehend flüstern oder hauchen, aushauchen und uns vermahnen, ganz genau hinzuhören.
28.10.2020
Schwarzes Gewölk und Regenbogen 21.10.2020, 8.08 Uhr (OESZ) Was soll man von einem Urlaubstag auf dem sonst so sonnigen Kreta erwarten, der so beginnt? Noch mehr Wolken, Regen, Gewitter, Wind, Sturm, Dunkelheit? Ein Regenbogen könnte Hoffnung aufkommen lassen, aber dieser wird von finstren Wolkenmächten übermannt, verschlungen, aufgefressen. Oder ist er doch das Lichtschwert eines unsichtbaren Riesen, bereit die schwarzen Feinde aufzuspießen oder zu vertreiben? Schwer vorstellbar, angesichts der ungleichen Kräfteverhältnisse in diesem Himmel. Der Regenbogen wird keine Gelegenheit bekommen, sein Licht und seine Farbenpracht durchzusetzen. Dabei hat er doch seit Alters her eine ganz hervorgehobene, man könnte sagen sonnenklare Bewandtnis: "Er soll das Bundeszeichen zwischen mir und der Erde sein. Wenn der Bogen in den Wolken erscheint, werde ich des ewigen Bundes gedenken." Das hat Gott selbst, schon vor Tausenden von Jahren, zu Noah gesagt, und der ist, um die Glaubwürdigkeit ins rechte Licht zu rücken, immerhin 950 Jahre alt geworden (also deutlich älter als zum Beispiel Egidius Kaub). Diesen alten Überlieferungen traut man heute, warum auch immer, nicht mehr recht. Warum sollte man auch, bei diesen Aussichten? Welche finstren Gedanken sollte der zur Zeit offenbar nicht besonders liebe Gott gerade hegen? Hat irgendetwas nicht geklappt bei der Schöpfung? Wir vertrauen bei Unwettern mehr festen Häusern als noch so geräumigen Hausbooten. Bei der Kommunikation mit dem Himmel vertrauen wir Satellitenschüsseln mehr als Sterndeutung und Antennen mehr als noch so fachkundig dargebrachten Brandopfern. Was soll ich also erwarten von diesem Tag? Der Blick zum Himmel ist für Hinweise zur Beantwortung dieser Frage ohnehin eine archaische Handlung. Ein schneller Blick auf die Wetterapp des Handys: Kreta, Agia Galini, 8.00 - 9.00 Uhr - "sonnig". Nicht zu glauben.
25.10.2020
Man sollte nicht alles so negativ sehen, – das ist schnell und leicht gesagt. Für diese grobe, zugleich einfache, fast primitive Manipulation einer Fotografie, die außerdem, wie ich gerne zugebe, durchaus etwas Effektheischendes hat, möchte ich mich entschuldigen. Auf der anderen Seite: wer ist in diesen Tagen gerne “positiv”? Diese verwehende Gewitterwolke über der Ägais, nach Rücksprache, jedenfalls nicht!
19.10.2020
Als ob ein blauer Komet auf den blauen Planeten zustürzt. Bedrohung und Gefahr sind da, – aber das sind nur ein paar harmlose Abendwolken.
18.10.2020
Dunkles Gewölk gibt es nicht nur am Niederrhein.
16.10.2020
Aktuelles Stimmungsbild (mit nicht ganz aktuellen Wolken)
14.10.2020
Das ist die Auflösung der Aufgabe vom 12.10. und eine gewagte Kombination: das sonnenglänzende Wölkchenmeer der Ägäis vom 12.10.2015 und die durch graues niederrheinisches Gewölk blinzelnde Sonne von heute. Aber vielleicht geht es ja doch. Die gut fünf Jahre spielen für die Sonne natürlich keine Rolle, ein Wimpernschlag. Und in 3000 km Entfernung scheint doch die gleiche Sonne, allerdings häufiger, wärmer, kräftiger, goldener …
13.10.2020
Die Raketenstation Hombroich bietet den Besuchern besondere Beziehungen zum Himmel an. Durch die Öffnung der Kuppel sieht man, wie im Pantheon, nur ein kleines kreisförmiges Stück Himmel. Ohne Maßstab verliert man die Vorstellung von Größe, Entfernung, Räumlichkeit, Materialität. Es könnte eine marmorierte Scheibe sein, eine Glaskugel, ein ganzer Kosmos, ein Blick ins Jenseits, wer weiß?
Das Gegenstück der Kuppel ist eine nach oben offene Halbkugel. Auch in deren Mitte befindet sich eine kreisrunde Öffnung, zu der man ganz gebückt, fast kriechend gelangen kann. Hat man die Mitte der Halbkugel erreicht, kann man wieder aufrecht stehen, über deren Rand aber nicht hinausblicken. Der so geschätzte Blick über den Tellerrand bleibt verwehrt. Man sieht nur die nackte Innenseite der Halbkugel und den Himmel, und man steht ganz allein und sehr bewusst unter ihm, alles andere ist verdeckt. So dürfte es jedenfalls ursprünglich vorgesehen gewesen sein. Inzwischen haben sich ein paar Zweige Zugang zum Blick des Eingeschlossenen verschafft, aber ohne ihn bei der Betrachtung des Himmels zu stören. Egidius Kaub wäre begeistert, auch über die wundersame Wandlung dieses Ortes. Aus einem Ort des zerstörerischen Grauens und des kalt-kriegerischen Wahnsinns wurde ein Ort der friedlichen Begegnung, der schöpferischen Beschaulichkeit, der Kunst.
12.10.2020
Nach dem düsteren Gewölk der letzten Tage hier ein tagesaktuelles Foto vom 12. Oktober, allerdings vor fünf Jahren. Ein in der Nachmittagssonne leuchtendes Stück Mittelmehr, die Ägäis, inselchen- aber nicht wölkchenfrei, vielmeer als nur Wolken über dem Mehr: ein Such- und Kombinationsspiel. Ordne jedem Schattenfleck das schattenwerfende Wölkchen zu, am einfachsten mit einer kurzen geraden Linie zwischen beiden. Viel Erfolg und Spaß!
11.10.2020
Ohne die bahnbrechenden Erkenntnisse des Egidius Kaub wäre ein solches Gedicht völlig unverständlich:
herbstgefrinsel die kolken kreveln weiter der regen treibt die schwangen fort schlawingen wimbeln heiter greufel briemen flederstürme drieselnd dräuen die gefirne sanft verstruffen die krawunkel und flaugen frenzeln unerkannt gewalke ginstert übers land schwogen schwirbeln ab ins dunkel
10.10.2020
Eine Lichtdusche, von der man nicht richtig nass würde. Wenn es um das Licht der Erkenntnis ginge, bliebe man unerleuchtet. Dann macht man es sich schon lieber in einem flauschigen Wolkenloch gemütlich, um den dunkel-kühlen Herbsttag mit gebotenem Abstand von allem und jedem zu überstehen..
09.10.2020
08.10.2020
Die Wolkendecke des Vergessens hat sich über einen genialen Wolkenforscher gelegt. Diese soll hier, jedenfalls ein kleines Stück, gelüftet werden.
Egidius Kaub (1789 Düsseldorf – 1952 vermutl. Königshoven)
Schon als Kind ging Egidius Kaub oft zu einer kleinen Lichtung auf den Höhen des Grafenberger Waldes, um die Wolken zu betrachten. Als Jugendlicher soll er dort ganze Tage verbracht haben. Er wurde ein begeisterter Anhänger der Wolkenklassifikation von Luke Howard aus dem Jahre 1802. Allerdings hat Kaub Wolken so ausgiebig und umfassend beobachtet, betrachtet und erfasst, wie kein anderer seiner Zeitgenossen. So kam er mit der Howard’schen Begrifflichkeit in seinen eigenen Beschreibungsversuchen schnell an ein für ihn unbefriedigendes Ende. Er vermisste für seine wissenschaftlichen Untersuchungen ein umfassenderes Vokabular, das er schließlich selbst entwickelte und immer weiter verfeinerte. Ihm schwebte dabei einerseits eine präzise, andererseits eine verständliche Sprache vor, weshalb er meist auf lateinische Begriffe verzichtete. International geriet er damit aber schnell ins Abseits und auch im eigenen Land versanken seine Werke bald in Vergessenheit.
Nur durch Zufall gelangten einige Seiten aus einer der wenigen Publikationen dieses faszinierenden Wolkenforschers in meine Hände. Auf dieser mageren Grundlage aufbauend versuche ich in den kommenden Tagen, wenigstens einen kleinen Teil der Kaub’schen Fachterminologie verständlich zu machen. Es handelt sich dabei ausschließlich um Begriffe, die sich auf den Wolkentyp Cumulus mediocris beziehen. Bedenkt man, dass Kaub ähnliche Arbeiten zu allen zehn Wolkengattungen und ihren 256 Unterarten und Sonderformen verfasste, kann man sich ein gewisses Bild von der Schaffenskraft, aber auch von der Wolkenbesessenheit dieses Menschen machen.
Egidius Kaub starb vermutlich 1952 in Königshoven, einem Ortsteil von Bedburg, der 1983 abgebaggert wurde. Bei der Umsiedlung des Ortes fanden sich 1978 auf einem Dachboden eines geräumten Hauses an der Pannengasse 4 einige Utensilien und Schriftstücke von Kaub. Man vermutet deshalb, dass er dort seine letzten Lebensjahre in völliger Abgeschiedenheit verbrachte.
07.10.2020
Zu Ehren der Physik-Nobelpreisträger dieses Gedicht aus dem letzten Jahr:
06.10.2020
Eigentlich wollte ich heute einen ersten Bericht über den Wolkenforscher Egidius Kaub schreiben, aber dann sind mir doch wieder einige Tageswolken dazwischen gekommen und diese massive, unten wie mit dem Lineal gezogene, oben sehr flauschige Wolkendecke.
05.10.2020
Die Wolkendecken-Fotos der letzten Tage umwölken meinen Kopf. In seinen grauen Zellen kreisen seitdem allerlei weiche und harte Formen von Decken und decken, Redewendungen und Sprichwörtern mit diesen Begriffen und, nicht zuletzt, die entscheidende Frage: wer steckt eigentlich mit den Wolken unter einer Decke?
Wolken-Decken, Wolken-Entdecken Im Gegensatz zu einer Wolldecke verdeckt die Wolkendecke im allgemeinen nicht das, was unter ihr ist, sondern das, was sich über ihr befindet, und das ist eine ganze Menge. Es sei denn, man sitzt im Flugzeug. Dann meint man zwar, die Wolken verdeckten die ganze schöne Aussicht, aber das ist ein Irrtum. Sie verhindern ja nur den Blick auf unseren kleinen, manchmal blauen Planeten, während das All offen da liegt. Allerdings erkennt man dann auch, dass die Erde mit den Wolken unter einer Decke steckt. Und dass diese Wolkendecke den Erdenbewohnern nicht eines Tages schwer auf den Kopf fallen wird, ist - weiß Gott (?)- nicht ausgeschlossen. Da mag man sich lieber die Wolkendecke über den Kopf ziehen. Da mag man die Fakten zum Erdenklima noch so sorgsam unter der Wolkendecke zu halten versuchen oder gar den eigenen Dreck unter den Wolkenteppich kehren, - statt sich nach der Wolkendecke zu strecken und Ideen für eine Zukunft bis zur Wolkendecke zu stapeln.
04.10.2020
So könnte die gestrige Wolkendecke von oben ausgesehen haben.
03.10.2020
Warum ausgerechnet heute? Ödgraue Trübnis, dann nassgraues Nieseln und finstergrauer Landregen. Warum tönt gerade auf der Fahrt nach Zons “…far, far away, with my head up in the clouds” aus dem Autoradio? Warum will ein schwarz-rot-goldenes Abendhimmelsbild nicht gelingen? Ausgerechnet heute. Und was würde Egidius Kaub dazu sagen?
02.10.2020
12 Mittag, die Sonne im Zenit, aber hinter grauen Wolken. Deshalb lässt sie sich, auch bei leichtem Regen, bereitwillig fotografieren.
01.10.2020
Auch den zweiten Monat des Wolkenblogs eröffnet das Bild eines gefährdeten Spaziergangs.
Zur Zeit bin ich auf der Spur eines weitgehend unbekannten Wolkenforschers. Ich hoffe, in den nächsten Tagen mehr berichten zu können.